Am Freitag, den 21. März verließen wir Laos schweren Herzens per Flugzeug von Vientiane nach Hanoi. Die Strecke hätten wir auch mit dem Bus zurücklegen können, aber wir hatten viele gruselige Dinge über diesen 24-stündigen „Horrorbus“ gehört und die Erinnerung an die letzte Busfahrt steckte uns noch in den Knochen – daher entschieden wir uns für den Flug. Dieser verlief reibungslos und auch an der Immigration in Hanoi hatten wir keine Probleme, obwohl wir kurz zuvor mit großem Schrecken bemerkt hatten, dass auf meinem Approval Letter (so eine Art E-Visum) das falsche Geschlecht stand… Später haben wir gehört, dass selbst Schreibfehler zu großen Problemen führen können, daher haben wir wohl ziemlich Glück gehabt!
Im Hotel wurde uns eröffnet, dass man leider voll sei (ja, wir hatten online gebucht) – aber keine Sorge, man bringe uns für eine Nacht in einem Hotel in der Nachbarschaft unter. „Same, same!“ … Das war es leider nicht, das Ersatz-Hotel war eine ziemliche Absteige. Zu diesem Zeitpunkt war unsere Laune schon nicht mehr ganz so gut. Aber wir waren ja noch optimistisch und wollten uns dieses Hanoi mal ein bisschen genauer angucken. Wir traten vor die Tür und wunderten uns (wie schon beim Aussteigen aus dem Flieger) über die niedrigen Temperaturen (ja, im Vergleich mit > 35 Grad ist 25 Grad ein ziemlicher Temperatursturz!) und die extrem hohe Luftfeuchtigkeit. Noch während wir uns wunderten, wurden wir das erste Mal fast überfahren. Eigentlich alle Städte Südostasiens sind voller verrückter Zweiradfahrer, aber Hanoi spielt da echt noch in einer ganz anderen Liga. Als Neuling neigt man angesichts dieses Chaos zu zwei Reaktionen: Schockstarre oder die Flucht nach vorn. Beides ist keine gute Idee, wie uns mitgeteilt wurde: Als Fußgänger solle man einfach stetig langsam gehen, ohne die Geschwindigkeit zu verändern. Die Motorräder und Mofas würden dann unsere Geschwindigkeit in ihre Fahrweise einberechnen und um uns herumfahren. Das funktioniert tatsächlich, aber es gehört schon etwas Todesmut dazu, gemessenen Tempos eine stark befahrene vierspurige Fahrbahn zu betreten… Jedenfalls überforderten der Verkehr und die Lautstärke uns am ersten Abend gewaltig, und als es dann noch anfing zu regnen (!!!), flüchteten wir in unser Hotelzimmer.
Am nächsten Tag wollten wir Hanoi bei der Besichtigung der Altstadt eine neue Chance geben. Bestimmt hatten wir am Vortag überreagiert! Unser Enthusiasmus wurde allerdings von einem andauernden Nieselregen und beeindruckendem Nebel etwas gedämpft. Wir liefen zum Hoan-Kiem-See, in dem einer Legende zufolge im 15. Jahrhundert eine riesige goldene Schildkröte mit einem Schwert verschwunden ist, und besichtigten dort den Ngoc-Son-Tempel, der auf einer Insel auf dem See steht und über eine schicke rote Brücke (Selfie-Alarm…) zu erreichen ist. Danach ließen wir uns weiter durch die Straßen um den See treiben. Die Zünfte Hanois ließen sich früher jede in einer anderen Straße nieder, daher stammen auch noch die Namen der Straßen, und auch heute lässt sich eine gewisse Häufung bestimmter Läden oder Werkstätten in den unterschiedlichen Straßen beobachten. In einer Straße befand sich zum Beispiel ein Buchladen neben dem anderen, in einer anderen fanden sich fast nur Blumenläden. Es ist recht lustig, durch die Straßen zu ziehen und dann zu raten, um welche Straße es sich handelt. Wir schlenderten umher, tranken hier und da einen Kaffee – auch einen berühmten vietnamesischen Egg Coffee im Kaffee des Erfinders höchstpersönlich. Ja, da ist wirklich Ei(weiß) drin und ja, das schmeckt tatsächlich ziemlich gut! Dann besichtigten wir die St.-Joseph-Kathedrale, die ein bisschen an Notre Dame erinnert. Es war ein seltsames Gefühl, nach all den Tempeln und Pagoden wieder in einer Kirche zu sein. Als dann auch noch die Glocken läuteten, kamen tatsächlich ein bisschen Heimatgefühle auf. Abends wurde in den Straßen ein Nachtmarkt aufgebaut, den wir uns aber nur flüchtig anschauten – es gab vor allem Selfie-Sticks, Handyhüllen und schlecht bedruckte T-Shirts. Da unser Tageslimit an Nahtoderfahrungen ausgereizt und wir ziemlich nass waren, kehrten wir nach einer schnellen Nudelsuppe in unser Hotel zurück.
Wir waren nicht besonders traurig darüber, dass der nächste Tag unser letzter in Hanoi sein würde. Aber wir wollten uns würdig verabschieden und fuhren mit dem Bus in den Westen der Stadt, um uns das Ho-Chi-Minh-Mausoleum anzuschauen. Das eigentliche Erlebnis daran war das Warten in der Schlange! Um überhaupt das Ende der Schlange zu erreichen, mussten wir bestimmt fünf bis zehn Minuten an ihr entlanglaufen. Dort standen vor allem Vietnamesen, ganze Kindergarten- und Schulklassen, um ihrem „Uncle Ho“ am Sonntag einen Besuch abzustatten. Wir wurden natürlich ordentlich gefilzt, mussten unsere Rucksäcke und elektronischen Geräte abgeben. Dann wurde sich adrett in Zweierreihen aufgestellt, man durfte die Hände nicht in die Taschen tun oder hinter dem Rücken falten, auch geredet werden sollte nicht mehr. Das alles wurde von Soldaten in weißen Unformen, die alle paar Meter an der Schlange vorbeiliefen, überwacht. Im eigentlichen Mausoleum, einem hässlichen Betonklotz, waren wir vielleicht 30 bis 45 Sekunden (in der Schlange standen wir eine Stunde). Die Schlange wurde durch einen dunklen Raum geleitet, in dessen Mitte schwach angeleuchtet der einbalsamierte Körper Ho Chi Minhs in einem gläsernen Sarg ruht. Das war alles wirklich surreal…
Danach besichtigten wir die Einsäulenpagode und den Literaturtempel, einen sehr schönen und gut erhaltenen Tempel, an dem früher auch Doktortitel vergeben wurden. Wir bekamen eine kostenlose Führung von einem eifrigen Chemiestudenten, der damit seine Englischkenntnisse aufbessern wollte, das war wirklich schön! Das Gelände war voller Schulklassen, die dort mit Robe und Hut für ihre Abschlussfotos posierten. Danach saßen wir dort noch eine Weile und beobachteten den Trubel.
Nach einer Stärkung auf dem Dach eines Fastfood-Restaurants mit tollem Blick ging es wieder zurück in Richtung Altstadt. Wir sahen die kaiserliche Zitadelle, allerdings nur von außen, und blieben schließlich bei einem Park in der Nähe hängen, der so voller Leben war, dass wir einfach zuschauen mussten: Es gab eine Aerobic-Gruppe, skatende Teenager, und das lustigste: Man konnte an einem Stand Roller, Inliner und kleine elektrische Autos für Kinder ausleihen! Der ganze Platz war also voller kleiner Kinder, die in blinkenden kleinen Plastikautos herumfuhren oder, noch besser, von ihren Vätern ferngesteuert wurden. Es war so witzig. Ein bisschen wie auf den Straßen, aber in harmlos.
Das waren unsere zweieinhalb Tage Hanoi… Leider hat uns diese Stadt bisher am wenigsten von allen gefallen. Vermutlich hat sie uns auch ein bisschen auf dem falschen Fuß erwischt, vielleicht hätten wir sie zu einem anderen Zeitpunkt mehr genossen. Vor allem nach den entspannten Tagen im eher langsamen Laos hat uns die Hektik Hanois total überfordert, es kam uns alles laut, gefährlich, schmutzig vor. Die Vietnamesen waren bisher leider auch nicht besonders nett zu uns, wir waren total erstaunt, weil man uns ständig ignorierte und uns total offensichtlich verarschen wollte. Auch von der Straßenküche, die so angepriesen wurde, haben wir leider nicht viel entdecken können (außer Nudelsuppen). Hanoi hat auch schöne Ecken, keine Frage. Aber ich muss so bald nicht wiederkommen.
Lasst euch nicht entmutigen! Mir hat Hanoi auch nicht sonderlich gut gefallen und bei mir war das Wetter übrigens auch ziemlich schlecht. Gen Süden wird es aber wieder wärmer und an der Zugstrecke erwarten euch noch deutlich schönere Orte, z.B. Hoi An. An den Verkehr müsst ihr euch noch ein bisschen gewöhnen, der ist in ganz Vietnam ziemlich schrecklich, v.a. in Ho Chi Minh City. Wünsch euch noch ganz viel Spaß, freu mich aber auch euch in nicht allzu weiter Ferne wiederzusehen! 🙂