Some Pai(n) (*)

Nach einem entspannten Tag am Pool und einem abendlichen Ausflug in die bunte Walking Street von Pai zur Nahrungsaufnahme gingen wir zufrieden und entspannt ins Bett und schliefen bald ein (Nichtstun ist anstrengend!). Irgendwann nach zwölf wachten wir jedoch wieder auf, weil seltsame Geräusche vor der Tür zu hören waren. Jemand stöhnte und gab unverständliche Laute von sich. Wir waren echt total verpennt und neben der Spur und es dauerte eine Weile, bis wir die Gestalt bemerkten, die vor den Stufen zu unserem Bungalow lag und um Hilfe rief – ein Hotelgast war dort offensichtlich zu Boden gegangen und hatte sich verletzt. So musste ich völlig unerwartet meine Fähigkeiten als Ersthelferin unter Beweis stellen (und das, obwohl ich – wirklich völlig aus dem Tiefschlaf gerissen – kaum wusste, wer und wo ich bin) und Jens rannte los, um jemanden zu finden, der uns einen Krankenwagen organisiert (ab sofort werden wir in jedem Land als erstes die Notruf-Nummern auswendig lernen!). Am Ende wurde er von einem betrunkenen Thai auf einem Moped zum nahegelegenen Krankenhaus gefahren, um direkt vor Ort um einem Krankenwagen zu bitten. Irgendwann kam dieser dann tatsächlich und ich begleitete den Patienten ins Krankenhaus. Das war natürlich auch interessant für mich und die diensthabende Ärztin war sehr nett, aber ich hoffe wirklich, dass Jens und ich dort nie landen. Die Zustände sind schon sehr… anders als bei uns. Nach etwas, was man eher als flüchtige Betrachtung denn als körperliche Untersuchung bezeichnen kann, wurde beschlossen, dass der Patient nur betrunken gegen einen Pfosten gelaufen und außer einer Platzwunde okay sei. Keine Blutentnahme, keine Bildgebung. Macht ja nichts, dass er seine Arme und Beine nicht bewegen kann. „He be fine tomorrow. He drunk.“ Okay.

Als Jens und ich den Patienten am nächsten Morgen im Krankenhaus besuchten, war er aber doch noch nicht sehr fine. Er lag in einem Raum mit 11 anderen Patienten aller Altersklassen und Gesundheitszustände, von äußerlich fit bis intubiert und beatmet. Ich hatte schon gelesen, dass in Thailand die Angehörigen die Patienten pflegen, und so saßen eigentlich um jedes Bett mehrere Angehörige. Unser Patient war alleine unterwegs und daher auch alleine im Krankenhaus, er tat uns so Leid! So taten wir unser Bestes, ein bisschen zu helfen – mit aufmunternden Worten, Wasser reichen, das Telefon halten, damit er mit seiner Freundin telefonieren kann… Ich sprach mit der Ärztin und telefonierte mit seiner Botschaft, versuchte, eine Kommunikation zwischen beiden Parteien herzustellen, da sich irgendwie keiner so recht zuständig zu fühlen schien.

Anschließend brachen Jens und ich auf. Aber wir konnten den einsamen, verängstigen Patienten in dem großen Raum voller Kranker und ihrer Angehöriger nicht vergessen… Man kann nur hoffen, nie in eine ähnliche Lage zu geraten. Und ich bin so froh, dass wir zu zweit unterwegs sind.

Trotzdem will ich natürlich auch vom Rest unseres Tages berichten: Wir liehen uns nach langem Überlegen Mopeds, um die Umgebung von Pai zu erkunden. Nachdem wir die Zustände im örtlichen Krankenhaus kannten, waren wir natürlich noch skeptischer, aber wir wollten es versuchen. Nach einer kurzen Einführung wurden wir auf die Straße losgelassen – allerdings war 300 Meter entfernt unsere Fahrt vorerst auch schon wieder beendet, weil wir direkt in eine Polizeikontrolle gerieten und unsere Führerscheine zuhause vergessen hatten. Nach einem kleinen Abstecher auf das örtliche Polizeirevier, wo wir jeweils 200 Baht Strafe zahlen und einen Wisch unterschreiben mussten, den wir natürlich nicht verstanden (was wir da wohl zugegeben haben?), durften wir unsere Fahrt fortsetzen. Wir fuhren in gemächlichem Tempo alle Attraktionen der Gegend ab: Zunächst einen Viewpoint mit eher mäßiger Aussicht, dann einen aufgrund der Trockenzeit beinahe ausgetrockneten Wasserfall. Auf dem Weg dorthin gerieten wir übrigens schon wieder in eine Polizeikontrolle, diesmal wurden wir auf Drogen durchsucht. Paranoid, wie wir mittlerweile sind, hatten wir wirklich Angst, dass uns die Beamten Drogen unterschieben wollten, um uns zu erpressen… In der Gegend wurde früher eine Menge Opium angebaut und auch während unserer Fahrt durch die Dörfer wurden uns wiederholt Drogen angeboten.

Auf dem Rückweg nahmen wir jedenfalls eine andere Route, um nicht nochmal in die Polizeikontrolle zu geraten. Wir besuchten die große weiße Buddhastatue, die über der Stadt thront. Nach einem kurzen Boxenstopp für Benzin und Fruchtshakes fuhren wir vorbei an mehreren Elefantencamps, wo Touristen auf Elefanten reiten oder sie füttern und waschen können. Wir passierten die heißen Quellen von Pai, die mit 300 Baht Eintritt pro Person aber wirklich sehr teuer sind (außerdem – wer will bei der Hitze in einer heißen Quelle baden?!) und die Memorial Bridge und gelangten zu einem Canyon. Zwischendurch sahen wir immer wieder bewundernswerte Fahrradfahrer, die sich die vielen Berge hinauf und hinab quälten. Außerdem fielen uns immer wieder chinesische Touristengruppen auf, die scheinbar ausschließlich unterwegs waren, um Fotos voneinander zu schießen. Alles diente als Kulisse für dutzende Einzel- oder Gruppenfotos: Ein kaputtes Fahrrad auf einer Brücke, überdimensionale Deko-Plastikerdbeeren in einem Kaffee, ein fremdes Motorrad…

Zum Abschluss des Tages aßen wir in einem vom Lonely Planet empfohlenen Restaurant nahe des „Flughafens“ (eine einzelne kleine Landebahn für eine Propellermaschine, die einmal täglich zwischen Chiang Mai und Pai fliegt – mit genau einem Check-In-Schalter und einer Familie, die sich um den Flughafen kümmerte). In dem Restaurant bestellten wir relativ wahllos drauflos, da wir die Karte sowieso nicht verstanden. Innereien konnten wir vermeiden, aber am Ende hatten wir eine Suppe mit allen möglichen Hühnerteilen (ich zog als erstes einen Fuß aus der Schüssel) sowie zwei extrem scharfe, nicht genau zu definierende Fleischspeisen (ich glaube, in der einen war Leber). Vor wenigen Wochen hätten wir das wahrscheinlich nicht gegessen, aber mittlerweile sind wir trainiert!

(*) Die heutige Unterschrift wird präsentiert von einem J.N. aus B. – Julia möchte mit der Überschrift nicht im Zusammenhang stehen

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