Am Donnerstag, den 18. Februar brachen wir in aller Frühe mit dem Boot von Bagan in Richtung Mandalay auf. Die Fahrt sollte 12 Stunden dauern, Abfahrt war um 5:30. Die ersten drei Stunden froren wir trotz der bereitgestellten Decken ziemlich, aber bald nach Sonnenaufgang wurde es wieder gewohnt heiß – und am Ende des Tages sollte ich einen amüsanten halbseitigen Sonnenbrand im Gesicht haben. Leider war die Uferlandschaft nicht so spannend, wie wir uns das erhofft hatten, aber ab und zu sahen wir ein Dorf mit am Wasser spielenden Kindern und Wäsche waschenden Frauen. Auch auf dem Fluss war allerhand los, und vor allem die Besatzung der kleinen einheimischen Boote bestaunte unsere touristengefüllte Fähre ausgiebig.
Kurz nach 17 Uhr kam das Boot am Pier von Mandalay an. Da die Sonne bald untergehen würde, setzten wir uns in eine nahegelegene Bier-Bar mit Blick auf den von Booten unterschiedlicher Größe eifrig befahrenen Fluss und die darüber untergehende Sonne. Zusammen mit der Hauskatze genossen wir dieses Spektakel. Anschließend warfen wir unser Gepäck nur kurz im Hotel ab, bevor wir bei einem von unserem Reiseführer empfohlenen indischen Straßenrestaurant ein ausgesprochen leckeres Abendessen einnahmen.
Leider bekam Jens das Essen aber nicht so gut, sodass ich am Freitag bei der Besichtigung von Mandalay weitestgehend auf mich allein gestellt war. Das war aber auch mal eine interessante Erfahrung! Nach dem Frühstück lieh ich mir ein Fahrrad und fuhr zum Zay Cho Market, dem größten Markt Mandalays in einem wirklich extrem hässlichen Hochhaus. Auch auf die dort verkauften Artikel traf diese Beschreibung größtenteils zu, sodass ich mich dort nicht lange aufhielt. Viel interessanter war der große Lebensmittelmarkt hinter dem Hochhaus: Hier wurden an zahllosen Ständen alle erdenklichen Dinge verkauft – ganze Hühner, Fleischteile, frischer und getrockneter Fisch, Obst, Gemüse, Kräuter und Gewürze…
Nach meiner Rückkehr ins Hotel fuhren Jens und ich mit dem Taxi zur Mahamuni Pagode im Süden der Stadt. Hier gibt es einen der wichtigsten Heiligtümer des Landes zu besichtigen: Eine große Buddhafigur, die seit vielen Jahren von Gläubigen liebevoll mit großer Mengen Goldplättchen dekoriert wird, sodass ihre Glieder schon ganz unförmig sind. Die Schätzungen, wie viele Tonnen Gold hier schon gespendet wurden, gehen weit auseinander. Als Frau durfte ich den offenen Saal, in dem der Buddha steht, leider nicht betreten, selbst zu nahe heran durfte ich nicht. Frauen dürfen die Statue nur aus der Ferne anbeten bzw. ihr Mienenspiel per Live-Übertragung auf mehreren Bildschirmen verfolgen.
Hinterher ging es für mich wieder alleine mit dem Fahrrad weiter. Fahrradfahren ist in Mandalay aufgrund des starken Verkehrs und der maroden Straßenverhältnisse wirklich ein Abenteuer. Dazu kommt, dass sich niemand an irgendwelche Verkehrsregeln zu halten scheint (oder ich habe sie einfach nicht verstanden). Trotzdem lernt man eine Stadt mit dem Fahrrad natürlich ganz anders kennen und trotz des Nervenkitzels hatte ich eine Menge Spaß. Ich besichtigte das Shwenandaw Kloster, das komplett aus mit kunstvollen Schnitzereien verziertem Holz besteht, und anschließend das benachbarte Ahtumashi Monastery. Auf dem Weg dorthin wäre ich fast mit einer Ziege kollidiert. Als nächstes betrat ich durch das einzige für Touristen geöffnete Tor der Palastmauer im Osten. Ich besichtigte den durch einen Brand vernichteten und nicht besonders authentisch rekonstruierten Königspalast (Wellblech und Bronzefarbe statt Holzziegel und Blattgold), der zwar nicht sooo beeindruckend und schön, aber doch einigermaßen interessant war – außerdem bot er Schatten in der Mittagshitze. Eigentlich hätte ich ihn nicht besichtigt, aber da ich im Shwenandaw Kloster sowieso ein Ticket für alle Sehenswürdigkeiten der Stadt kaufen musste (10.000 Kyat für 5 Tage), konnte ich es mir genauso gut mal anschauen.
Als nächstes radelte ich zur Kuthadow Pagode, wo es „das größte Buch der Welt“ (hunderte beschrifteter Steintafeln jeweils einzeln in kleinen weißen Häuschen) und einen 150 Jahre alten Baum zu bewundern gab.
Zum krönenden Abschluss des Tages wollte ich den Mandalay Hill erklimmen, von dem aus man einen tollen Blick über die Stadt hat und einen besonders schönen Sonnenuntergang erleben kann. Die tausend Stufen bei dieser Hitze machten mir ganz schön zu schaffen, zumal ein eifriger und freundlicher Mönch mich auf dem Weg nach oben begleitete, um bei einem Schwätzchen sein Englisch zu verbessern (keuch). Es war wirklich interessant, von seinem Leben zu erfahren. Er stellt auch viele Fragen zu Deutschland, aber meine Antworten fielen aufgrund von akutem Sauerstoffmangel eher kürzer aus. Die Aussicht und der Sonnenuntergang waren tatsächlich hübsch, allerdings war es sehr diesig und daher die Sicht nicht sehr gut.
Zum Abendessen war ich mit Jens an einer Straßenecke, die wir vorher anhand unseres Stadtplans festgelegt hatten, verabredet. Es ist ganz schön heikel, sich in einer unbekannten Stadt zu verabreden, ohne sich notfalls anrufen zu können! Die Zeit vor dem Handy hatte ich schon ganz verdrängt. Auf der Fahrt zum Treffpunkt wurde ich von einem Mopedfahrer angesprochen – während der Fahrt! Der Gute fuhr einfach neben mir her, um ein Schwätzchen mit mir zu halten. Im chaotischen Feierabendverkehr! Als ich den Treffpunkt schließlich gefunden hatte, ließ er sich einfach nicht mehr abschütteln und wartete eine ganze halbe Stunde mit mir. Ich habe gelesen, dass alleinreisende Frauen in Myanmar oft von „Beschützern“ begleitet werden, weil es nicht üblich ist, dass Frauen hier alleine unterwegs sind. Aber es war eine wirklich dunkle Ecke und der Kerl war auch so merkwürdig, dass ich es doch etwas mit der Angst bekam. Als Jens endlich aufkreuzte, ließ er es sich nicht nehmen, uns zum Lokal zu begleiten. Und auch dort machte er keine Anstalten, uns alleine zu lassen, bis Jens ein Machtwort sprach. Das war wirklich merkwürdig.
Insgesamt hat mir Mandalay gut gefallen, auch durch die halsbrecherische Art, wie ich es erobert habe. Als Tourist hat man es hier ein bisschen schwer, da es eigentlich keinen Nahverkehr gibt. Aber das Fahrrad kann ich nur sehr mutigen und kardiovaskulär einigermaßen belastbaren Reisenden empfehlen. Jens ist in den Genuss einer Fahrt mit dem Motorradtaxi gekommen und sagte, dass auch das eher etwas für mutige Menschen sei. Bei dem Fahrstil der Motorradfahrer hier kann ich mir das auch gut vorstellen.